Heute gelaufen:
19,745 Kilometer
Gelaufen seit meinem Start in Hamburg am 11.05.2022:
279,263 Kilometer
0900 – Heute starte ich ohne Frühstück. Obst und Nüsse sind für den ersten Hunger in der Tasche – bis ich ein Restaurant erreiche.
Gleich am Anfang geht es gut bergauf. Sehr anstrengend und ich bin froh, den Weg gestern nicht mehr gemacht zu haben. Dieses Wunderschöne, was ich sehe, hätte ich gestern nach 14 Kilometern nicht mehr gebührend verarbeiten können.
Ich entscheide mich, eine alternative Strecke zu gehen. Eine die am Meer lang führt und nicht, wie die offizielle Route es vorsieht, einen kilometerlangen Umweg durch das Landesinnere.
Und ich werde reich belohnt:
Himmel, was geht’s mir gut! Ich kann kaum glauben, welcher Blick sich mir hier bietet. So ein Reichtum, so eine Fülle. Ich bin überwältigt.
Gedanken des Vormittags
0945 – Ich bin im Flow. Meine Gedanken gehen im Einklang auf die Reise. Morgens ist meine Zeit, um mit meinem wahren Selbst zu kommunizieren. Das kam dabei heraus:
Immer mit dem Gleichen wird mir schnell langweilig. Ich brauche die Herausforderung des Neuen, des Unbekannten. Erst gestern fragte mich eine Pilgerin, ob ich nicht einsam sei. Sie genieße das Zusammenkommen in einer Herberge immer sehr. Man sei bereits eine kleine Gemeinschaft.
Ich kann absolut nachempfinden, was sie meint, was sie fühlt. Dennoch gilt für mich: Nein, ich vermisse nichts. Vielleicht bin nicht dafür gemacht in einer Gemeinschaft zu leben. Vielleicht bin ich tatsächlich dafür geboren, voran zu gehen. Als Leitwölfin, als Leuchtturm. Neues zu erkunden um dann zu sagen: Hier geht’s lang.
Comillas
1130 – Ich komme in Comillas an. Was für ein kleines und feines Städtchen.
Hier frühstücke ich – mitten auf einem Platz, direkt am Weg. Comillas reiht sich in die Liste der Städte ein, die ich wieder sehen möchte.
Thilo aus Deutschland spricht mich auf englisch an, als ich kurz stehen bleibe um nach dem richtigen Weg zu schauen. Er ist gestern die ganze Strecke gelaufen, ich komme erst nach den ersten heutigen neun Kilometern in dieser Stadt an.
Da er gerade erst gestartet ist, ist er noch flotten Fußes unterwegs und ich bitte ihn, weiter zu gehen. Sein Tempo will ich nicht übernehmen.
Zwischen Oyambre und San Vicente de la Barquera gibt’s einen langen, langen Fußweg. Scheinbar unendlich führt er bergauf und bergab. Und wieder bergauf und bergab.
Hier kann mich jetzt nur noch die Aussicht begeistern. Und das Wissen, mein heutiges Ziel bald erreicht zu haben.
Die Rezeption des Hotels, in welches ich möchte, ist nicht besetzt. Geschlossen. Gut, dass ich nicht online gebucht habe, wie würde ich dann in mein Zimmer kommen?
Direkt gegenüber entdecke ich eine Pension und frage, ob sie noch ein Zimmer haben. Haben Sie. Mein heutiger Weg ist nach fast 20 Kilometern beendet.