4 – Hondarribia bis San Sebastian oder so weit meine Füße mich tragen

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4 – Hondarribia bis San Sebastian oder so weit meine Füße mich tragen

Und sie trugen mich nur bis Pasaia.

Gesamtkilometer gelaufen seit Hamburg, dem Beginn meines Weges: 56
Kilometer heute: 19

0530 – Ich möchte raus, aus diesem Zimmer. Die Nacht war kurz, mein Schlaf war leicht – denn während des Schlafens stieg mir immer wieder dieser feuchte Kellergeruch in die Nase und ich hatte das Gefühl, dieser Geruch bohrt sich in jede Pore meiner Haut.

Duschen ist nicht, das Wasser ist kalt. Schon wieder. Warmes Wasser gibt’s scheinbar nur, wenn die Klimaanlage an ist. Muss ich nicht verstehen, weder das System noch die Schaltung der Anlage.

Um 0643 wird die Sonne aufgehen. Ich freue mich auf den Tag, denn er wird wunderbar werden. Warum? Weil ich keine Lust auf schlechte Laune habe.

Ca. 20 km liegen vor mir. Eher weniger, die Routenplaner sind sich nicht einig. Aber der Weg soll jetzt ausgeschildert sein. Ich bin gespannt.

Der erste Wegweiser. Und viele weitere folgen. Verlaufen fast unmöglich.
Hondarribia verabschiedet sich mit einem wunderbaren Sonnenaufgang.

1022 – Die Zikaden und Eidechsen, die ich immer wieder höre und sehe, erinnern mich an die wunderbaren Urlaube mit meinen Kindern in Kroatien.

1330 – Für mich ist heute nach 18 Kilometern und vielen Anstiegen und Abstiegen Schluss! Die acht Kilometer bis nach San Sebastian sind nicht mehr drin.

1530 – Meine Füße sind wieder munter, aber die acht Kilometer bis nach San Sebastian will ich zu dieser Zeit nicht mehr laufen. Ein Zimmer habe ich noch nicht gefunden, bin aber ganz entspannt.

Während meiner Pause in Pasaia habe ich Peter aus der Bretagne kennen gelernt. Heute ist sein 45. Tag, er ist zu Hause gestartet. Wir haben uns sehr gut unterhalten – er sagte, es wäre das längste Gespräch seit diesen 45 Tagen. Er ist weiter nach San Sebastian, was ursprünglich auch mein Ziel war. Seine Unterkunft war bereits gebucht – im Gegensatz zu meiner. Sonst hätten wir sicher einen gemeinsamen Wein getrunken.

Seinen Vorschlag, dass wir uns in San Sebastian verabreden und gemeinsam ein Stück des Weges gehen, musste ich leider ablehnen. Es ist erst mein vierter Tag – noch will ich allein gehen. Ich hoffe trotzdem, dass wir uns wieder sehen.

Alle Zimmer in Pasaia sind bereits vergeben oder ich erreiche den Vermieter nicht.

1545 – Wer hätte es gedacht! Ich sitze vor einer Albergue und warte mit bisher fünf weiteren Personen, dass die zwei Achtbett-Zimmer belegt werden. Das, wovor mich die ganze Reise grauste, ist eingetreten: Ich werde mit mehreren fremden Menschen in einem Raum schlafen. Werden olfaktorische und auditive Genüsse auf mich einprasseln? Die Augen kann man zu machen, aber die Nase bei Stinkfuß oder Furz genauso wenig, wie die Ohren beim Schnarchen.

Die Türen wurden pünktlich um 16 Uhr geöffnet. Und fast hätte ich wieder gehen dürfen. Gut, dass ich meine Wege aufzeichne, dass hat ihn letztlich doch überzeugt, dass ich eine Pilgerin bin.

Er glaubte mir nur deshalb nicht, weil ich mir bisher noch keinen Stempel in meinen Pilgerpass geben ließ und den Pass auch noch nicht mit meinem Namen ausgefüllt hatte. War mir nicht wichtig. Und weil ich ihm sagte, dass ich gestern im Hotel schlief. Seine Augen wurden groß, als er sich mit der Nachfrage „Im Hotel?“ versichern wollte, dass er richtig gehört hatte. Dass das heute eine Notlösung ist, habe ich ihm besser nicht gesagt.

Ich habe davon gelesen, dass Alberguen wohl oft von Touristen ausgenutzt werden. Und mir war und ist egal, ob er mir meinen Weg glaubt oder nicht. Was mir nicht egal war, ist mein Bett für heute Nacht.

Im weiteren Verlauf des Abends habe ich festgestellt, dass er, der an meinem Weg zweifelte, ein sehr netter und hilfsbereiter Mensch ist. Wie sehr doch erste Eindrücke trügen können. Und wie gut, dass ich – auch andere Menschen, ich weiß – die Fähigkeit besitze, den ersten Eindruck gern zu revidieren.

Für die, die es nicht wissen: Alberguen sind kirchliche Unterkünfte, ausschließlich für Menschen auf dem Camino. Meist arbeiten die Menschen dort ehrenamtlich und eine Übernachtung kostet einen geringen Betrag oder ist gegen Spende.

Zimmer ist bezogen, ich schlafe im Etagenbett oben, am Fenster. Krass! Aber ich rette mich mit dem Gedanken, dass man einen Camino nur gegangen ist, wenn man mindestens einmal in eine Albergue übernachtet hat. Und wer weiß, vielleicht ist es ja gar nicht so schlimm, wie in meiner Vorstellung. Ich werde berichten.

Und nun lasst euch gern von der Auswahl meiner Bilder durch meinen Tag begleiten.

Ein traumhafter Sonnenaufgang mit Blick über Hondarribia und Irun.
Ohne Worte.
Und noch ein Wegweiser.
Da unten bin ich vor kurzem gestartet.
Als ich die Route zu Hause am Rechner plante, war völlig klar, dass ich den Weg wähle, der zwar als anstrengender gilt, dafür aber Meerblick hat. Nun, ich habe den linken Weg, den leichteren, gewählt. Und habe mich während des Gehens immer wieder gefragt, was an dem denn leicht sein soll.
Beeindruckend, wie die Natur sich ihren Weg bahnt. Wenn man das Leben lässt, ist alles perfekt.
Im linken Teil des Bildes ist der weitere Straßenverlauf zu sehen. „Da runter muss ich nun wieder?!“ Einen Teil bin ich rückwärts gegangen.
Ankunft in Pasaia.

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