Gelaufene Strecke heute: 24.5 km
Gelaufene Strecke seit Beginn: 113.5 km
0815 – Ich starte in Zarautz und weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie weit ich laufen werde. Daher auch nicht, wo heute Nacht mein Bett stehen wird.
Ich genieße den Weg. Es macht Spaß ihn zu gehen. So beeindruckende Landschaften. So freundliche Menschen.
Michael aus Deutschland
„Hoffentlich schaffen wir es noch vor dem Regen. Die Schwalben fliegen tief.“ ist das erste, was ich von Michael hinter mir höre.
Wir haben 32 Grad, die Sonne brennt. Für mich sieht nichts nach Regen aus. Auch die Wolken kann ich nicht deuten. Will ich aber auch nicht.
Mit Michael laufe ich immer mal wieder ein Stück gemeinsam. Sein Leben scheint schwer zu sein. Ich lasse ihm viel Liebe da.
Er hat sechs Wochen, ein paar Tage mehr wären drin, aber nicht viel länger. Bis Bilbao hat er jede Unterkunft bereits gebucht, danach will er schauen, wie er sich eingelaufen hat. Strahlend erzählt er, dass er sich vorgenommen hat, sich in Santiago ein Luxushotel zu gönnen. Ich freue mich mit ihm.
Wie ansteckend mein Lachen ist, merke ich mal wieder, als Michael eine Pause macht und ich ihn schon aus der Ferne mit einem „Buen Camino, Michael!“ grüße. Es ist schön, ihn lachen zu sehen.
Der Segen von Socialmedia
Gestern fand ich endlich die Zeit, in drei einschlägigen Facebook-Gruppen von meiner Reise zu berichten. Und ich erhielt sehr bald einen Kommentar einer erfahrenen Pilgerin – sie befindet sich gerade in dem von Zarautz noch 100 km entfernten Bilbao – dass auch sie sich mit den Etappen überschätzt hat.
Dieser Kommentar ist so für mich in diesem so wohltuend . Wie ein Tröster kamen sie daher, ihre Worte. Wie die liebevolle Umarmung einer Mutter, verbunden mit einem „Alles ist und wird gut.“ Das ist gelebte weibliche Energie. Danke auch hier nochmal, liebe Petra.
Andreas und Jörg aus Deutschland
Den Beiden begegnete ich zum ersten Mal gestern Abend an der Rezeption meines Hotels in Zarautz. Sie checkten ein, ich wollte meine Flasche Wein geöffnet haben. Und immer, wenn ich große Wanderrucksäcke sehe, gibt’s ein „Buen Camino!“ von mir.
Andreas öffnete mir mit seinem Taschenmesser meine Flasche Wein. Zu dritt hatten wir ein kurzes Gespräch. Sie erzählten, wie sie sich durchs Gestrüpp und Stacheldraht kämpften, nur weil der Weg plötzlich zu Ende war. Zurück war nicht, nochmal diesen schmalen Weg an der Klippe entlang wollten sie nicht nehmen.
Am Abend, ich wartete neben der Rezeption in der Albergue darauf, dass die Waschmaschine mit meiner Wäsche fertig wird, kamen die beiden rein.
Ich: „Ihr?“ Sie: „Du?“ Niemand von uns hätte damit gerechnet, dass wir uns ausgerechnet hier wieder sehen.
Wir verbrachten ein sehr lustigen Abend miteinander. Selbst jetzt, während ich schreibe und an die vielen Geschichten denke, muss ich laut lachen.
Die Flysch-Route im Geopark an der baskischen Küste
Ich wähle den Umweg von 1400 Metern, um mir einen, laut Berichten, der größten geologischen Schätze der Erde anzusehen: Flysch-Formationen. Das Meer formt Felsschichten. Sehr beeindruckend. Und, aufgrund der Ebbe, sehr gut sichtbar.
Einen Eindruck auf den folgenden Bildern.
Deba
Nach 23 Kilometern bietet sich mir dieser Anblick.
Im Ortskern angekommen, gehe ich sofort in den Supermarkt. Ich bezahle einen Liter frischen Orangensaft und 2,5 Liter Wasser. Seit drei Stunden habe ich kein Wasser mehr.
Ich setze mich auf eine Bank und checke das Angebot der Übernachtungsmöglichkeiten. Eins liegt bei über 300 Euro pro Nacht, das andere über vier Kilometer wieder zurück auf dem Weg. Also doch die Albergue in Deba. Ich bin gespannt, aber entspannt.
Die App sagt, man solle sich zuerst im Fremdenverkehrsamt anmelden, es hätte bis 20 Uhr geöffnet, danach wäre die örtliche Polizeistation zuständig. Es ist 18 Uhr, aber das Amt hat geschlossen. Von der Polizei finde ich keine Adresse. Ich habe keine Lust mehr und entscheide, mich direkt in die Herberge zu begeben.
Die Albergue hat insgesamt 56 Betten. Ich bekomme Bett Nr. 56 zugeteilt. Der lustige Hospitalero zeigt mir Duschen, Toiletten und mein Bett.
Es riecht sehr nach Fuß in dem Schlafraum und ich bin froh, dass mein Bett ein Raum weiter steht. Obere Etage, wieder direkt am Fenster.
Duschen, Wäsche für vier Euro von der Waschmaschine waschen lassen, Bett beziehen. Es ist spät und ich beschließe, das Restaurant zu besuchen, welches ich vom Fenster der Albergue sehe. Ich will nicht mehr weit laufen und die Gegend erkunden. Würde ich dieses Restaurant nochmal besuchen? Nein. Nicht, wenn ich etwas essen möchte. Für einen Wein oder ein Bier: ja.
Die Albergue ist ein umgebautes Bahnhofsgebäude. Züge fahren noch. Und als ich die Beschreibung der morgigen Etappe lese, steht meine Entscheidung: Diese will und werde ich nicht laufen.
Dieser Camino ist anstrengend. Ich muss und will keine Buße ablegen. Es darf schön sein. Auch wenn ich mit den Augen sehr genieße, will und muss ich mehr auf mich achten. Und 22 km bergauf?! Hier bin ich raus!
Noch in der Nacht, um 2230 ist Nachtruhe angesagt, suche ich Verbindungen, um diese Etappe zu überspringen. Und habe tatsächlich etwas gefunden. Allerdings ganz anders, als gedacht.