0600 – Das erste Rascheln in der Albergue geht los. Bei dem Schnarchkonzert brauchte ich selbst nach Mitternacht lange, um einzuschlafen. Leider kann ich mit Ohrenstöpseln so gar nicht umgehen.
Vergangene Nacht suchte ich nach einer Verbindung, um die nächste Etappe zu überbrücken. Ich konnte und kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, mit Liebe und Freude 22 Kilometer „recht steil“ bergauf zu laufen.
Leider waren alle Unterkünfte in den nächsten beiden Orten nicht mehr verfügbar und die beste Direktverbindung ging zur Station Zazpikaleak in Bilbao. Oh! Doch gleich soweit?
Mir geht’s erstaunlich gut, nachdem ich gestern Abend so lahm war. Mein Körper gewöhnt sich allmählich daran, täglich zu laufen.
0743 – Mein Zug fährt ab.
0800 – Ich lese das Schild des Bahnhofs, in den der Zug gerade einfährt. ZUMAIA. Äh, da war ich doch gestern erst?!
War mein Gefühl bei der Abfahrt des Zuges in DEBA also doch richtig: Falsche Richtung.
Ich sprinte aus dem Zug.
In einer halben Stunde fährt der Zug in die andere, hoffentlich richtige Richtung.
0930 – Nächster Halt: Zaldibar. Was für eine Gegend! Selbst aus dem Zug wunderschön. Dennoch bin ich sehr froh, die Berge aus der Ferne sehen zu dürfen und sie nicht zu laufen.
1030 – Ich erreiche den Bahnhof Zazpikaleak und höre mein erstes „Buen Camino“, noch während ich mich orientiere.
Noch 180 Meter Fußmarsch und ich habe mit meinem Einstieg in den Zug in Deba vier ganze Etappen oder auch 79,66 Fußkilometer in einem Rutsch hinter mir gelassen.
Ein Aufschrei wird durch die eingefleischte Pilgergemeinde gehen, weil ich nicht alles zu Fuß gegangen bin. Damit kann ich sehr gut leben.
Denn eine Meinung ist eine Meinung und nur eine Meinung. Sie berücksichtigt naturgemäß nur etwas über den Aussagenden.
Michael sagte gestern, dass er keine Lust hat, durch Bilbao zu laufen und daher plant, diese Strecke mit den Öffentlichen zurück zu legen.
„Das ist sogar erlaubt.“ sagt er. Ich schaue ihn an und sage ihm, dass er die einzige Instanz sei, die ihm etwas auf seinem Weg erlauben oder verbieten kann.
Noch während ich überlege, wieviel Weg ich von der folgenden Etappe heute noch zurück lege, fängt mein Zeh stark an zu schmerzen und ich denke sofort „Oh, eine Blase.“ Die Entscheidung wurde mir wieder einmal abgenommen.
Den Sonnenbrand an der linken Wade abgedeckt, mit dem rechten Fuß humpelnd – die Blicke mancher Passanten sind sehr mitleidig. Ich grinse vor mich hin, während ich denke, dass es so schlimm doch gar nicht ist. Ich lebe, ich lerne und ich bin glücklich.
Ich finde ein – für Donnerstag – preisgünstiges Hotel fast direkt am Weg und buche es. Noch während ich buche, spricht mich eine Dame an, ob ich Hilfe benötige. Wie lieb und aufmerksam von ihr.
Das Zimmer ist trotz der Uhrzeit, 12 Uhr mittags, für mich bezugsfertig. Ich liebe die große Terrasse in meinem Zimmer.
Und morgen früh bin ich direkt am Weg. Ich weiß bereits jetzt, dass ich die Route durch die Stadt wählen werde.
Mit dem Zug gefahrene Strecke heute: 84,5 km
Gelaufene Strecke heute: 1,6 km