Als alleinreisende Nichtwanderin pilgernd auf dem Jakobsweg – dem Spanischen Küstenweg, dem Camino del Norte – unterwegs.
0730 – Gestern ließ ich mich mich in das Frühstückszeitfenster von neun bis zehn Uhr eintragen. Noch viel Zeit für mich, bis ich endgültig aufstehe. Ein Genuss und eine Wohltat nach den gestrigen 25 Kilometern.
Ich bin glücklich, mir diese Zeit heute nehmen zu können. Normalerweise, nach meinem ursprünglichen Plan, müsste ich heute noch über 14 Kilometern laufen, bis ich die Busstation in Llanes erreiche. Nun sind es, nachdem ich gestern ungeplant so weit gelaufen bin, nur noch knappe drei Kilometer. Die schaffe ich locker.
1220 – Halleluja! Was für ein Weg! Schweißgebadet erreiche ich la Estación de Autobuses in Llanes. So herausfordernd hatte ich mir den Weg nicht vorgestellt.
Anfangs war ich wieder glücklich, querfeldein laufen zu können. Irgendwann jedoch wurde das Gestrüpp immer dichter – Kratzer an meinen Beinen zeugen davon – so dass ich mich nach 1500 Metern entschlossen habe, auf die Straße zurück zu kehren. Und wieder lief ich durch weidende Rinder mittendurch.
1300 – Der Bus fährt ein. Ich zeige dem Busfahrer mein Ticket – es ist der richtige. Ich verstaue meinen Rucksack im Gepäckraum des Busses und steige vorne ein. Und hinten wieder aus. Denn ich kann meinen Sitz nicht finden. 104. Die Umbuchung meines Sitzplatzes, damit ich in der ersten Reihe der oberen Etage sitzen kann, war mir ein paar Euros wert. Aber der Bus hat gar keine obere Etage. Ich frage den Busfahrer erneut. Er sagt mir auf spanisch, dass ich freie Platzwahl hätte. Ok.
Ein Platz in der zweiten Reihe soll meiner sein. Neben einem Kanadier, wie sich im nun ergebenden Gespräch heraus stellt. Während der eineinhalbstündigen Fahrt haben wir ein gutes Gespräch. Und können auch schweigend die Fahrt genießen. In Oviedo steige ich aus. Er fährt weiter nah Gijón und wird morgen seine Freundin in Ferrol treffen.
Ich werde morgen früh mit dem Zug oder dem Bus – so genau weiß ich das noch nicht – von Oviedo nach Avilés fahren. Von dort laufe ich weiter, meine morgige Unterkunft ist bereits gebucht.
Ursprünglich wollte ich ab Gijón weiter laufen. Von dort, wo im Juni mein Weg abrupt endete. Doch während der 125 Kilometer in den letzten Tagen habe ich gemerkt, dass ich keine Lust auf die ewig langen Wege in Städte hinein und aus Städten heraus habe.
Diese Etappe – Camping Deva bis Avilés – hebe ich mir für meine nächste Tour an der spanischen Küste auf. Zum Einlaufen. Immerhin sind es fast 40 Kilometer.
Oviedo hat mich bereits gereizt, als ich im Mai unterwegs war. Heute bin ich schnell überfordert. Nach wenigen Schritten habe ich keine Lust mehr zu laufen. Die Kilometer von gestern liegen mir noch in den Knochen.
Ich will unbedingt wieder kommen, um mir diese Stadt anzusehen. So wie ich viele andere Städte in Spaniens Norden wieder sehen möchte. In meinem Kopf laufen einige Möglichkeiten ab, um mir diesen Wunsch zu erfüllen.
Am Abend treffe ich in einem Lokal auf zwei ältere Damen. Eine von ihnen spricht mich an, unsere Englischkenntnisse sind ungefähr gleich. Neben meiner roten Haut, die wirklich jeden Abend Thema ist (die ist nunmal so – unabhängig von Sonne, Anstrengung, Wärme, … – ein liebevolles Erbe meiner Familie), erzähle ich von meinem Weg und erfahre, dass sie bereits 86 Jahre ist und jeden Tag vier Kilometer läuft. Zwei hin und zwei zurück. Sie reckt und streckt sich vor mir und legt ihre Handflächen im Stand auf den Boden. Sie ist sichtlich stolz. Zu Recht, wie ich finde.
Außerdem sagt sie, dass die Asturianer – Ich befinde ich mich in Asturien – die menschlichsten sind. Man merkt ihr ihren Stolz, hier zu leben, an. ❤️
Meine Unterkunft
Mein Zimmer im Hostal Álvarez ist schlicht und einfach. Für den Preis, für den ich es vor einigen Wochen reservierte, ausreichend. Den heutigen Tagespreis würde ich nicht bezahlen wollen.
Ich bleibe nur eine Nacht. Ich starte morgen relativ früh. Es ist einfach und es ist sauber. Und es war günstig.
Fazit des Tages
Eine kurze Strecke zu laufen – heute gute drei Kilometer – gefällt mir besser, als einen kompletten Tag zu pausieren. So wie ich es im Mai noch desöfteren getan habe. Mal sehen, wie sich das auf den nächsten Kilometern noch entwickelt. Gute xxx sind es noch bis Santiago de Compostela.
Gelaufene Strecke Camino 1.0: 387,317 Kilometer
Bisher gelaufene Gesamtstrecke auf dem Camino 2.0 seit meinem Start am 29.08. 2022: 128,087 Kilometer
Mein heutiger Tag in Zahlen und Bildern
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